Wer sich einen Ford Mustang zulegen will, sollte vor einem Kauf diverse Punkte beachten. Obwohl grundsätzlich unkompliziert, weist der Mustang – wie jedes Fahrzeug seiner Zeit – modellspezifische Schwachstellen auf. Wer die wichtigsten davon kennt, kann sich viele Umtriebe und Kosten ersparen.
Zuerst informieren, dann kaufen!
Der zukünftige Besitzer sollte sich vor Augen halten, dass mittlerweile auch der jüngste der klassischen Mustangs bis Jahrgang 1973 zum Veteranenfahrzeug gereift ist. Die damalige durchschnittliche Lebenserwartung eines Autos betrug 7 bis 8 Jahre. Auf diese Lebensdauer waren verschiedene Bauteile und technischen Lösungen ausgelegt. Den Zerfall beschleunigten ab den späten 70er Jahren, in Zeiten vor schwarzem Golf GTI & Co., junge zornige Raser. Sie nahmen sich der leistungsstarken und günstigen gebrauchten US-Cars an. Der Mustang stand dabei zusammen mit seinen ewigen Widersachern Chevy Camaro und Pontiac Firebird hoch im Kurs. So manches Exemplar wurde gnadenlos verheizt oder “geil aufgemotzt”. Ausserdem – wer investiert schon gross Geld in einen angejahrten Ge-/Verbrauchtwagen? Das erklärt viele der vermeintlichen Pfusch- und Bastellösungen früherer Tage. Die Situation im aktuellen Gebrauchtwagenbusiness ist übrigens um keinen Deut besser.
Der Mustang hat seine dunkelsten Gebrauchtwagenzeiten längst hinter sich gelassen. Die übelsten Grotten sind vor Jahren von der Strasse verschwunden oder gaben ihr Leben in Form von Ersatzteilen für den Erhalt von besseren Exemplaren. Dann und wann taucht noch ein gepflegtes Exemplar aus erster Rentnerhand auf – solche Gelegenheiten sind aber äusserst selten geworden. Die dunkle Scheune mit dem Shelby für CHF 500.– (möglichst rostfrei, rot und handgeschaltet!) gehört definitiv ins Reich der Fabeln. Sollte sich dennoch so ein Fahrzeug finden, darf sich der Käufer weltweiter Aufmerksamkeit sicher sein und wird für den “deal of the century” gefeiert…
Auch einen trendigen Auftritt im alltäglichen Strassenverkehr in einem alten Mustang, wie ihn gewisse Musikvideos und Spielfilme in jüngster Zeit vorleben, stellen sich Newbies und Youngsters etwas gar einfach vor. In diesen Produktionen der Lifestyle-Industrie werden nämlich nirgends Unterhaltskosten, Serviceintervalle, Fahreigenschaften, Sicherheitsvorkehrungen, Rostanfälligkeit oder ähnliches erwähnt. Liebe Neumustanger: es gibt in alten Mustangs weder ABS noch Airbags, kein ESP, ASR oder ähnliche Einrichtungen – auch nicht zum Nachrüsten! Der gute alte “Popometer” setzt (hoffentlich) die Grenzen der Fahrphysik, die deutlich tiefer liegen als bei einem aktuellen Auto! Der Käufer darf sich glücklich schätzen, wenn der Mustang seiner Träume über Sicherheitsgurten verfügt! Ein Mustang im Alltagsbetrieb ist zwar auch heute noch machbar; die Autofahrer der 60er und 70er waren aber viel weniger verwöhnt und wesentlich härter im Nehmen, als die heutigen Autobesitzer mit “Vollkaskomentalität…” Es wäre ausserdem schade um die getätigten Investitionen.
Wer den Wert seines Mustangs längerfristig erhalten will oder sogar auf einen Preiszuwachs hofft, sollte gesteigerten Wert auf den Originalzustand legen. Die einstigen US-Car-Insignien in Form von fetten Chromfelgen, Hi-Jackers, Headers, Krawallauspuffanlagen, verchromten Luftfiltern und Ventildeckeln sowie Monstervergasern sind absolut out. Dasselbe gilt für Innenausstattungen im Flokati/Langhaarteppich-Look. Momentan angesagt sind allerdings sogenannte “Restomods”. Darunter versteht man Autos, deren klassische Hülle mit Technik (Motor, Bremsen, Fahrwerk, Lenkung, Felgen) neueren/neusten Datums aufgerüstet sind. Hier hat die MFK allerdings ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. “Pimp my Ride” & Co. lassen grüssen…. (die angesprochenen Insider wissen Bescheid)
Der Mustang war (und ist) ein Grossserienfahrzeug; die typisch amerikanische Fertigungsqualität auch für damalige Massstäbe nicht über alle Zweifel erhaben. Simple Mechanik aus dem grossen Ford-Baukasten half, die Kosten tief zuhalten. Das kommt dem Mustang heute zugute, denn die Technik wurde millionenfach verbaut. Die Ersatzteilsituation präsentiert sich ausgesprochen entspannt; das Preisniveau meist moderat. Komischerweise gilt die Devise: je älter das Fahrzeug, desto besser die Teileversorgung. Weil der Mustang in den USA Kultstatus geniesst, werden die Autos reihenweise restauriert. Speziell gesucht sind die Modelle von 1965 bis 1968, was sich auch in den Nachfertigungsaktionen für Teile niederschlägt. Die Nachfrage ist derart gross, dass in den USA eine eigene Industrie um die Reproduktion der Parts entstanden ist. Auch in diesen Tagen erscheinen laufend neue, wieder lieferbare Positionen. Verschiedene Anbieter offerieren zum Teil jede noch so kleine Schraube in ansprechenden Katalogen. Saftige Preise werden allerdings für die wenigen noch erhältlichen Ford-Originalersatzteile verlangt und auch bezahlt.
Die nachfolgenden Baugruppen bedürfen einer genaueren Untersuchung:
Verfügbarkeit von Fahrzeugen
In der Schweiz wurden zwischen 1965 und 1973 rund 1000 Mustangs pro Jahr verkauft. Gemäss einer Recherche im Jahre 1998 waren noch ca. 600 Fahrzeuge dieser Baujahre offiziell auf Schweizer Strassen unterwegs. Nocheinmal soviele standen seit maximal fünf Jahren nicht eingelöst in Hallen und Garagen herum. Hinzu kommt noch eine geschätzte Zahl von ca. 400 Fahrzeugen, die länger ausser Verkehr waren oder an denen seit Jahren restauriert wird. Daraus ergibt sich eine Gesamtzahl von ca. 1600 verbliebenen klassischen Mustangs in der Schweiz. Auch wenn in der Zwischenzeit Dutzende von Fahrzeugen ins europäische Ausland (speziell Deutschland, Oesterreich und Holland – aber auch in die Tschechei, Polen und Norwegen) exportiert wurden, verbleiben noch genügend Autos in der Schweiz. So sind zum Beispiel von den besonders gesuchten 65/66er Cabrios noch rund 180 Exemplare vorhanden. Mit etwas Geduld und Ausdauer lässt sich fast jedes gewünschte Modell in der Schweiz finden.
Diese sind sehr stark abhängig vom Modell und Zustand des Mustangs. Das Niveau ist in den letzten Jahren steil angestiegen. Schlachtfahrzeuge (sofern man sie noch findet) sind ab ca. CHF 3000.– für ein Hardtop- Coupé zu haben; eine gute, komplette Hardtop Restaurationsbasis ab etwa CHF 6’000.–. Locker das Doppelte kosten die Fastback Modelle. Wer sich an einem Convertible versuchen will, muss die Summe nochmals verdoppeln. Der Nachschub an Projektfahrzeugen (speziell Fastbacks und Cabrios) ist jedoch fast vollständig zum Erliegen gekommen. Fahrbereite Exemplare (keine vollrestaurierten Sammlerstücke!) mit frischer MFK gibt es ab ca. CHF 12000.– (Hardtop), CHF 20000.– (Fastback) und CHF 24’000.– (Convertible). Für besser erhaltene Stücke mit Veteraneneintrag im Ausweis müssen CHF Fr. 5’000.– zusätzlich gerechnet werden. Sonderausstattungen wie (Werks!)-GT-Modelle, Deluxe (Pony) Interieur, Mittel-/Dachkonsolen, Rally-Pac’s etc. kosten teilweise happige Aufpreise. Die Obergrenze für ein Hardtop- Modell mit Big Block-Motor und allen Optionen liegt derzeit bei etwa CHF 35000.–. Für einen Fastback oder ein Convertible liegt die Messlatte bei etwa CHF 40’000.– resp. CHF 45’000.–. Vollrestaurierte Exemplare (wirklich bis zur letzten Schraube zerlegt und dokumentiert – äusserst selten!) mit der richtigen Ausstattung und allen Optionen können allerdings deutlich nach oben ausreissen. Leicht moderater ist die Situation bei den Modellen 69/70 mit Ausnahme der Mach1 und Boss-Varianten. Auch die Jahrgänge 71 bis 73 sind (noch) nicht so gesucht. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen (Big Block Mach1 oder Boss 351). 6-Zylinder- Modelle werden mindestens 30 % günstiger gehandelt als ihre V8 Pendants.
Wiederum anders präsentiert sich die Situation bei den Shelby-Modellen. Obwohl einige Fahrzeuge in der Schweiz vorhanden sind, werden die Shelbys kaum auf dem freien Markt gehandelt. Hier werden im günstigsten Fall (68er GT350) selbst für ein Restaurationsobjekt mindestens CHF 30’000.– fällig. Die Preisskala zeigt noch steiler nach oben und hat die CHF 200’000.– Schwelle für einen 65er GT350 oder ein Big Block Convertible im Top-Zustand längst überschritten. Dazwischen ist alles möglich. In den USA wurde ein 67er GT500 Fastback im Winter 2006/2007 für $ 319’000 verkauft – Eleanor” sei Dank! Momentaner Rekordträger (Stand Frühjahr 2007) ist ein perfekt original restaurierter 69er Boss 429: schier unglaubliche $ 660’000 wechselten den Besitzer für das Auto…
Mustang-Import aus den USA?
Natürlich ist das Angebot auf der anderen Seite des Atlantiks ungleich grösser – auch jenes an klassischen Blender-Fahrzeugen oder “geschminkten Leichen”. Alte Mustangs werden auch in den USA nicht für Lau verhökert – die Jungs wissen was sie haben. Die Vorstellung, mal eben ein Top-Schnäppchen-Fahrzeug im Urlaub (vorzugsweise Florida oder Californien) zu schiessen und im Reisegepäck mitzubringen, sollte man sich aus dem Kopf schlagen. Diese Idee hatten schon andere und der Markt ist “abgegrast”. Ein ebay-Kauf ist ebenfalls mit grösseren Risiken behaftet. Fotos zeigen alles und nichts! Wer sich dennoch persönlich auf die Suche machen will, sollte zuvor den Markt über längere Zeit beobachten und sich auf viele Meilen und etliche Enttäuschungen einstellen. Eine allenfalls mitreisende bessere Hälfte sollte erfahrungsgemäss sehr leidensfähig sein oder die Shopping-Tour wird zum Fiasko!
Restaurieren oder “fertig” kaufen?
Wer einen Mustang restaurieren will, sollte über einige handwerkliche Fähigkeiten verfügen und vieles in Eigenregie erledigen können. Dies bedingt einen entsprechenden Werkzeugbestand, eine grössere Garage mit ordentlich Platz, Licht, Strom und Heizung sowie ein gerüttelt Mass an Durchhaltevermögen. Wer den Aufwand unterschätzt: siehe angefangene Projekte.
Der Lohn für die Mühe ist allerdings ein erhöhter Besitzerstolz und man weiss, was “gemacht” wurde. Wer alles im Auftrag an Fachwerkstätten vergeben will/muss, wird im Falle der meist erträumten Vollrestauration ohne grosse Mühe CHF 100’000.– für Material und Arbeit los. Mit viel Eigenleistungen (min. 1000 Stunden, verteilt über durchschnittlich 4 bis 5 Jahre) sind ca. CHF 40′ bis 60’000.– realistisch. Solche Kosten lassen sich bei einem allfälligen Verkauf nur mit grösster Mühe wieder einfahren. Wer sich eine Restauration nicht selbst zutraut, kauft sich besser ein “fertiges” Auto. Im Zweifelsfall muss das bessere, allenfalls auch teurere Auto der Mustang der Wahl sein.
…sind meist das Resultat geplatzter Träume (Träumereien), mangelhafter Vorabklärungen und sträflich unterschätzter Kosten. Zerlegen geht schnell und kostet nix. Die grossen Investionen folgen danach und angesichts eines wirren Haufens rostiger, dreckiger, kaputter Teile und keinem Ende in Sicht ist schon mancher Hobbyrestaurator verzweifelt. Zerlegte Restaurationsobjekte können ein Schnäppchen sein, vorallem weil der Vorbesitzer nie alle aufgelaufenen Kosten wieder einbringen kann. Aber aufgepasst – von kaum einem Auto sind wirklich alle Teile noch vorhanden – auch wenn der Verkäufer das Gegenteil behauptet. Meist haben solche Fahrzeuge eine bewegte Geschichte hinter sich; verbunden mit einem oder mehreren Garagenwechseln, bei denen im Laufe der Jahre die eine oder andere Kiste mit Kleinteilen verloren gegangen ist. Während im Falle eines Kotflügels oder einem Motor schnell überprüft werden kann, ob das entsprechende Teil vorhanden ist, sieht es bei Kleinteilen düsterer aus. Was, wenn beispielsweise am Heizungskasten der Kabelzug fehlt? Oder die hintere Seitenverkleidung bei einem Fastback? Die Suche danach kann ausarten und stolze Beträge verschlingen, die ein vermeintliches Schnäppchen enorm verteuern. Zerlegte Autos sind ein Fall für Fortgeschrittene!
In Szene-Kreisen besonders wichtig ist die Fahrgestellnummer des Mustangs. Ueber sie lassen sich Modelljahrgang, Montagewerk, Karosserievariante, Motor sowie der ungefähre Produktionszeitpunkt belegen. Weitere Informationen (Ausstattungsvariante, Innen-/Aussenfarbe, Auslieferungsdistrikt, geplanter Produktionstag, Getriebevariante, Hinterachsübersetzung) halten ein Blechschild (65-69) resp. ein Aufkleber (70-73) bereit, die sich hoffentlich noch auf der Fahrertür stirnseitig im Schlossbereich (nur sichtbar bei geöffneter Türe) finden lassen. Wer im Motorraum noch ein weiteres, gestanztes Blechschild findet, kann damit diverses Sonderzubehör verifizieren. Dieses Schild ist allerdings oft verloren gegangen. Den absoluten Lottosechser zieht derjenige, der im Interieur noch den sogenannten Build-Sheet findet. Dieses Papier mit den Montageanweisungen an die Fabrikarbeiter hat unter glücklichen Umständen die Zeit überdauert und kann fast überall verborgen sein: Unter dem Armaturenbrett, dem Teppich, unter/im Sitz, hinter der Rückbank, im Seitenteil um den Kabelbaum gewickelt sowie an weiteren Orten im Innenraum.
Selbst wenn das Auto komplett restauriert ist und alles “gemacht” wurde: kleine lästige Defekte können jederzeit und immer wieder auftreten. Ein altes Auto ist niemals “fertig” und man hat auch niemals “Ruhe”! Viel Glück bei der Jagd nach Deinem Traumstang!