1968 EXP 500 „Green Hornet“

Leistungsstarke und moderne Autos verfügen über Benzineinspritzsysteme, welche den Treibstoff effizienter verbrennen, sparsamer damit umgehen und weniger Abgase produzieren. Weiter verfügen sie über Einzelradaufhängungen, welche ein komfortableres Fahren und mehr Traktion speziell bei unebenen Strassen ermöglichen, weiter sind sie mit vier Scheibenbremsen ausgerüstet…

1968 Shelby EXP 500 'Green Hornet'

Würden nicht die Bilder zeigen, dass wir über ein Auto aus den 60er Jahren sprechen, so würde man glauben, dass wir über eine aktuelle Corvette oder einen Europäischen Exoten sprechen, welche über diese Features verfügt. Würden wir sagen, dass wir über einen Mustang sprechen, dann würde vielleicht der einte oder andere meinen, dass wir über die von 1999 bis 2004 gebauten SVT Cobra Mustangs sprechen einer hohen Leistung und der Einzelradaufhängung an der Hinterachse. Aber wir sprechen von einem Mustang, der bereits vier Jahrzehnte alt ist und bereits über diese Features verfügt? Hat es dieses Auto wirklich gegeben und ist es über die Strassen Amerikas gefahren?

Ja, es gab nur ein einziges. Auf den Seitenstreifen am Kotflügel steht EXP500, aber es ist bekannter unter dem Namen ‹Green Hornet›.

Zur Erklärung der Entstehung der ‹Green Hornet› müssen wir etwas zurückblenden und wir beginnen mit dem unmittelbaren Vorgänger, ‹Little Red› genannt. ‹Little Red› ist ein ’67 Mustang Hardtop, gebaut nach den Shelby Spezifikationen (inklusive aller optischen Anpassungen) und ausgerüstet mit einem 428cui V8 Motor und zwei Praxton Kompressoren. Als weiteres Zubehör zum normalen Shelby gab es ein schwarzes Vinyldach, 10- Speichen Aluminiumfelgen und einen in den Kofferraumdeckel integrierten Heckspoiler. Weiter hatte das Fahrzeug die Angewohnheit die Antriebswelle zu zerstören, aufgrund der hohen Motorleistung. Fred Goodell, der Shelby Chef-Ingenieur zu dieser Zeit baute das Auto für sich selbst, aber auch für Showzwecke und zum Zeigen der Leistungsfähigkeit von Shelby American. Das Auto wurde wenig gefahren, aber Bill Cosby, der ein Freund von Shelby war konnte es einige Zeit benutzen. Es war ein Teil der Leistungsschau an den Ford Händler Ausstellungen im August 1967. Der Ford Verkaufsleiter in Los Angeles Lee Gray sah das Auto und dachte er könne damit die Mustang Verkäufe wieder etwas mehr ankurbeln. Grey lehnte das Auto für eine Woche aus um die Marktnachfrage auszuloten. Die Nachfrage war gross, so dass er Lee Iacooca bat ein Sondermodell GT/California Special zu entwickeln. Danach war Li’l Red auch eine Zeitlang in Dearborn im Ford Headquarter um eine amerikaweite Version eines GT/CS bzw. GT/CC oder GT/Sports Coupe Version zu prüfen.

Daraus entstand das Problem bei Shelby, dass er kein Fahrzeug hatte um seine neuentwickelte Einzelradaufhängung und Benzineinspritzanlage testen zu können. So sandte Ford ein Vorserien Exemplar eines ’68 Hardtops in Lime Gold mit einem dazu passenden Deluxe Interieur (komplett mit Konsole und Holztrimm), dem sportlichen 390cui Motor und einer C6 Automatik von Dearborn zu Shelbys Fabrik in Ionia, Michigan. Wo die Umbauten umgehend vorgenommen wurden.

Heutiger Zustand
Conolec System ist nicht montiert

Der 390cui Motor wurde durch den im Versuchsstadium befindlichen 428 Cobra Jet Motor ausgetauscht (Mit all dem ab Werk vorhandenen Abgasregulierungszubehör), weiter kam die ebenfalls im Versuchsstadium befindliche Conelec Benzineinspritzung zum Einsatz. Diese Einspritzung wurde vom ehemaligen Bendix Ingenieur Dave Long eingebracht, welcher bereits bei Bendix am nicht fertiggestellten Projekt Electrojecotor arbeitete. Dieses Einspritzsystem befand sich bereits in der Pilotphase für die Verwendung in Booten. Ford hatte ein Auge auf das Conelec System geworfen für die Verwendung in den Full-Size Fahrzeugen der Marke Ford und Mercury um damit die neuen und strengeren Abgasvorschriften ab dem Jahr 1970 zu erfüllen. Das Conelec System arbeitet mit einem Druck von 15psi, welches längere und präzisere Einspritzungen ermöglichte. Dies ermöglichte auch eine bessere Verdampfung des Benzingemischs, was wesentlich für die Entstehung von weniger Abgasen ist.

Der andere Versuch war nicht sichtbar ohne dass man die Hinterräder demontierte. Die Einzelradaufhängung war direkt an den Blattfederspanner befestigt und verwendet als Mittelteil weiter das Mittelteil der 9 Zoll Hinterachse. Spiralfedern, ein Hinterachse-Stabilisator und Spurstangen (nichts Anderes als die ‹Quad Shocks› die später die Foxbody Mustang in den 80er Jahren bekamen) kamen dazu. Weiter gab es auch Schiebenbremsen für die Hinterachse.

Das werkseitige C6 Getriebe wurde ausgetauscht und gegen ein verstärktes C6 Getriebe eines Ford F350 Pickups getauscht, weiter wurde ein Drehmomentwandler eines Lincolns und eine Stahlguss Kardanwelle eines Ford LKW verwendet. Die Vorderachsaufhängung wurde nach Shelby-Standard angepasst (Shelby-Drop), weiter gab es ein Set der 10-Speichen Aluminiumfelgen mit F60-15 Goodyear Reifen. Die Karosserie und das Interieur wurden auf den Shelby-Look angepasst. Eine komplette ’68 Shelby Front mit einer funktionalen Ram-Air Motorhaube, ein Heckblech, welche die Heckleuchten des ’65 Thunderbirds aufnahmen wurde montiert, dazu kamen die GT/CS Seitenaufsätze. Der bekannte Autolackierer Sonny Fee verpasste ihm ein Lackkleid in Show-Car Qualität. Drei Schichten von Gold Luster Green mit Gold metallic Splitter wurden auf die Basislackierung aufgebracht, jeweils mit einem Zwischenschliff der von Hand ausgeführt wurde. Danach gab es zwei Schichten Klarlack. Shelby Ornamente sowie der weiss-goldene EXP500 Schriftzug wurden aufgebracht. Schnell bekam der Wagen den Namen ‹Green Hornet› – offensichtlich, weil Shelby’s Freund und Li’l Red Fahrer Bill Cosby Lieblings Superheld Charakter die grüne Hornisse war.

Nachgebaute Einzelradaufhängung
Pressefoto 1968 bei Shelby

Die Leistungsdaten waren monströs: Eine Beschleunigung von 0-60 Meilen in 5.7 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 157 mph wurde gemessen auf dem Ford Testgelände in Romeo. Das bei einer Hinterachse-Übersetzung von 3.0:1 und einem Leergewicht von 3500 Pfund. Mit der Reifentechnologie von damals waren das erstaunliche Werte. Als Vergleich die Testwerte gemessen von ‹Car and Driver› eines Shelby GT500 sind 6.5 Sekunden für die Beschleunigung von 0-60 Meilen, eine Höchstgeschwindigkeit von 128 mph bei einem Leergeweicht von 3800 Pfund.

Aber wie bei allen Versuchsfahrzeugen gab es bald ein Ende. Die Gründe wieso weder die Conelec Benzineinspritzung noch die Einzelradaufhängung in die Serie übernommen wurden verlieren sich in der Zeit (höchstwahrscheinlich die Kosten). Es wurde weitherum angenommen, dass das die Green Hornet verschrottet wurde, da niemand wusste wo sie verblieben war.

Später stellte sich heraus, dass die ‹Green Hornet› anstelle einer Verschrottung zur Wiederverkaufsstelle für Ford-Angestellte in Dearborn gelangte. Zu dieser Zeit stand er in der Reihe der Occasionsmustangs und war nur ein alter Mustang mit spezieller Farbe und grossem Motor. Die Einzelradaufhängung ging abhanden und wurde durch ein Standard Fairlane Hinterachse ersetzt, die Conelec EFI wurde ebenfalls ersetzt mit einer Police- Interceptor Ansaugbrücke und einem Vierfachvergaser. Der Chef der Verkaufsstelle Robert Zdanoswki kaufte den Mustang für $3000.- als Familienwagen. Er wusste, dass es der einzige Hardtop Shelby war und trotzdem verkaufte er ihn aber nur sechs Monate später. Wie er später sagte, hatte die ‹Green Hornet› einfach zu viel Power, als dass sie  als sicheres Familienfahrzeug verwendet werden konnte. Bei Regenwetter sei das Auto kaum fahrbar gewesen.

Im Alltagsbetrieb ca. 1970
Pressefoto von 1968

Zdanowski verkaufte das Auto an Don Darrow, Besitzer einer Ford Garage in Cheboygan, Michigan. Darrow rüstete auf ein weisses Vinyldach, 14 Zoll Styled Steel Wheels mit GT Nabendeckeln und Weisswand Michelin Reifen um. Darrow fuhr in rund 2 Jahrzehnten damit nur rund 30’000 Meilen, dies vor allem wegen des exorbitanten Benzinkonsums des Wagens. Don’s Sohn Randy bemerkte die Spezialität des Fahrzeugs aufgrund dem Buch von Paul Newitt’s ‹GT/California Special Recongnition Guide and Onwers Manual› und kontaktierten 1988 den Autor. Bis zum Erscheinen des Buchs in den späten 80er Jahren erkannt Darrow nicht was für ein spezielles Auto er seit rund zwei Jahrzehnten er besass. Die Darrows stellten das Auto Fred Goodell vor, welcher das Auto zu Beginn aufgebaut hatte und dieser war sehr überrascht, dass die ‹Green Hornet› immer noch existierte. Weitere Beweise abgesehen von dem originalen 428cui Motor mit dem verstärkten C6 Getriebe, waren bspw. die noch vorhandenen Löcher in der Stirnwand und Tankboden zur Durchführung der Leitung der Conelec Einspritzanlage und natürlich die passende VIN.

1993 übernahm Martin Euler von Classic And Muscle Mustang Restoration in Midland, Michigan die ‹Green Hornet›    für eine Komplettrestauration. In weniger als zwei Jahren führte er eine ‹Bare-Metall› Restauration durch. Glücklicherweise war der Versuchs-428 Cobra Jet Motor mit dem C6 Getriebe noch vorhanden. Randy hatte auch die 10-Speichen Alufelgen aufgehoben. Euler und Goodell arbeiteten zusammen während der Restauration, damit die ‹Green Hornet› so originalgetreu wie möglich in den Zustand von 1968 zurückversetzt werden konnte. Der originale Lackierer lieferte die Farbcodes für die Neulackierung. Goodell lieferte noch Teile für die Conelec EFI aus seinem Fundus aber für eine vollständige Rekonstruktion fehlten weitere Teile, so wurde eine Holley ProJection verbaut. Während das Conelec EFI System noch auf einen Einbau wartet. Eine weitere Herausforderung war die Rekonstruktion der Einzelradaufhängung. Diese musste komplett neu angefertigt werden. Euler entwarf nach Anleitung von Goodell ohne vorhandene Fotos und Pläne eine komplett neue Einzelradaufhängung. Nichts davon sieht handgemacht oder improvisiert aus, ohne es zu wissen kann man glauben, dass das so standardmässig ab dem Fliessband hergestellt wurde. Euler versuchte diese Hinterachse-Konstruktion weiter zu vermarkten aber ohne nennenswerten Erfolg.

1993 nach der 'Bare Metall' Restauration

Im Februar 1995 kauft Steve Davis die ‹Green Hornet›. Steve Davis war dazumal der Präsident des Auktionshauses Barrett-Jackson Collector Car Auction. Davis verkaufte später das Auto an den Sammler Marty Mazman, mit der Festlegung, dass Davis erstes Recht auf Rückkauf bekommen sollte, sollte das Auto in Zukunft zum Verkauf gehen. Als Mazman seine Sammlung im Jahr 2004 verkleinerte, kaufte Davis das Auto zurück und verkaufte es dann an B-J CEO Craig Jackson.

Heute in der Craig Jackson Sammlung

2012 brachte Craig Jackson die ‹Green Hornet› zur Auktion, das Höchstgebot war bei 1.8 Mio. Dollar. Doch Craig Jackson verkauft nicht, so steht die ‹Green Hornet› heute noch in seiner Sammlung als einziger Ford unter vielen ultrararen ‹one-of-one› Muscle Cars von GM und Chrylser-Mopars. Die ‹Green Hornet› steht nicht fahrbereit da, wegen des geplanten Umbaus auf die originale Conelec EFI ist sie ausser Betrieb. Das ist wohl ein trauriges Los, dass einer der besten Mustang Fahrmaschinen ein Dasein als Stehzeug fristet.

Vielleicht ist das der Grund wieso diese Komponenten nie den Weg in die Serie fanden, weil sie zu ‹zerbrechlich› waren. Zu früh auf dem Markt bleibt die ‹Green Hornet› aber ein Symbol für Innovation und Zukunftsideen in einer Zeit da die meisten Autohersteller im Vergleich dazu wie Höhlenbewohner unterwegs waren.

Text: Marcel Alder