Kaufberatung Mustang II

Wer tatsächlich mit der Restauration eines Mustangs der 2. Generation liebäugelt, hat sich was vorgenommen! Währenddem noch vereinzelt Fahrzeuge auftauchen, sind Unterlagen, Ersatz- und Zubehörteile inzwischen ziemliche Mangelware. Es fehlt eine zentrale Anlaufstelle, wo Teile bestellbar und Informationen abrufbar sind. Die Szene ist im Vergleich zum Mustang der 1. Generation winzig und leider steht auch nicht zu hoffen, dass sich das in Zukunft noch ändern wird. Als Anfänger-Projekt absolut untauglich, verlangt so ein Vorhaben beste Kontakte in die USA, Zugänge zu ebay und ähnlichen Verkaufsplattformen und ohne fundierte Englisch- und Ersatzteilkenntnisse läuft gar nichts.
Allgemeines
Von der unübersichtlichen Variantenvielfalt jener Jahre, z.B. in Sachen Interieur – wird mindestens ein Teil der Sitzbezüge nachproduziert – wenn auch nur auf Bestellung und nach einer ungewissen Wartezeit. Man muss also genau angeben können, was man braucht. Bodenteppiche sind lieferbar, Armaturenbretter nur in schwarz und der Rest des Angebotes für Interieur Teile ist erschreckend klein bis nichtexistent. Mechanische Ersatzteile und Servicematerial findet man nach einigem Suchen. Das Auto fährt und bremst. Ebenso die wichtigsten Dichtgummis, damit es am neu lackierten Mustang II nicht schon reinregnet. Die teilweise aufwändigen Dekorklebersätze der noch etwas gesuchteren Cobra-Modelle werden nachgefertigt – wenn auch nicht immer in allen ehemals lieferbaren Farben. Lampen und Leuchten finden sich mit Glück in gebrauchtem Zustand sogar noch in der CH – gehen aber kaum je kaputt. Wenige Bleche wie hintere Seitenteile oder das riesige Bodenblech werden nachgefertigt (Transportkosten…). Türen, Heckklappen, vordere Kotflügel und alle weiteren Teile müssen im Bedarfsfall aufwändig gerettet werden. Motorhaube und verbreiterte vordere Kotflügel gibt’s nur neu in Polyester. Erstaunlicherweise waren und sind die ganzen Spoilerteile hinten/vorne immer lieferbar. Zierleisten, Kleinteile und andere Details gibt es fast ausschliesslich über Kontakte in Foren und Insiderkreisen, die aber fast alle in den USA ansässig sind. Die notwendigen Frachtkosten können sich summieren! Auspuffanlagen, Felgen oder Kabelbäume? Ebenfalls Fehlanzeige… Allenfalls elektrische Schalter und Normteile, die durch die gesamt Ford-USA-Palette jener Jahre verwendet wurden, lassen sich bei ebay noch finden. Hier helfen aber nur vollständige Ersatzteilnummern (mit Glück auf den vorhandenen defekten Teilen aufgedruckt), die genaue englische Bezeichnung und allenfalls Hinweise, in welchem Modell das Bauteil sonst noch verwendet wurde weiter.
Stossstangen
Ein besonderes Vergnügen sind die anfälligen Stossstangen hinten und vorne. Eine bleischwere Mischkonstruktion aus ehemals blankem Stahl mit einem verschraubten PU-Überzug. Die Teile rosten auf, Gewinde können auch nach wochenlanger Behandlung mit Rostlöser noch ausreissen und das PU wird wellig. Totalschaden. Ersatz aufzutreiben ist alles andere als leicht – buchstäblich! Die angebotenen Teile in GFK sind bestenfalls eine Notlösung.
Dokumentation
Ähnlich düster sieht es mit verfügbarer Literatur aus: Technische Handbücher, Stromlaufpläne, Explosionszeichnungen und dergleichen muss man sich mühsam zusammensuchen. Einzig ein Band eines allgemeinen Reparaturleitfadens für diese Modelle ist regelmässig lieferbar.
Vollständiges Auto
Der Traum-2er Mustang muss beim Kauf also vor allem eines sein: Komplett und möglichst noch irgendwie fahrbar. Um sicher zu sein, dass man alle wichtigen Brocken beisammen hat! Im Vorfeld möglichst lange und tief in das Thema einlesen. Jedes erhältliche Buch auswendig lernen, damit man einigermassen Bescheid weiss um die kleinen, aber wichtigen Unterschiede. Beim Zerlegen 100e Detailfotos anfertigen und mit Köpfchen arbeiten. Defekte/abgewürgte Kleinteile ersetzen kostet noch mehr Zeit und Geld als sorgfältigstes  Demontieren unter Einsatz von genügend Rostlöser und/oder Wärme.
Ein möglichst baugleiches Schlachtfahrzeug hilft ungemein. Sowohl bei Ersatzteilsorgen als auch als Anschauungsobjekt, weil man eben doch genau das entscheidende Detail nicht fotografisch festgehalten hat! Improvisieren sollte kein Fremdwort sein und ein sattes finanzielles Polster beruhigt ungemein. Viele Arbeiten können wohl nur durch einen Fachbetrieb erledigt werden, was die Schlussabrechnung in ungeahnte Höhen treiben kann!
Preise
Preise: Sehr verschieden. Manchmal tauchen noch Schlachtfahrzeuge oder aufgegebene Restaurationen für einige 100er oder wenige 1000er auf. Eine gesunde, komplette V8-Restaurationsbasis, möglichst als Cobra, Cobra II oder King Cobra, müsste mit etwa Fr. 12’000.– veranschlagt werden – wenn man denn noch eine findet… (Shelby’s sind dazu häufig), Mach1-Modelle etwas weniger. Der Ghia rangiert noch etwas tiefer. Die beiden letztgenannten gabs hierzulande auch als V6-Modelle, die irgendwo oberhalb von Schlachtfahrzeugen eingepreist sind. Ein vorhandenes T-Top beim Hatchback (Fliessheck) wird mit etwa Fr. 2’000.— Aufpreis honoriert.
Ein fahrbereiter, vorgeführter Mustang II mit V8-Motorisierung und Hatchback wird in der Gegend von Fr. 16’000.– bis maximal Fr. 22’000– gehandelt. Ein Notchback (Stufenheck) mit 2.8 Liter-V6 aus Rentnerhand, fahrbar mit MFK, taucht bisweilen noch für unter Fr. 10’000.— in den einschlägigen Portalen auf. Das Angebot besteht mehr oder weniger aus gut erhalten Bestandsfahrzeugen mit CH-Erstzulassung; manchmal mit einer Neulackierung.
Das obere Ende der Skala bilden vollrestaurierte Fahrzeuge, die aber niemals alle aufgelaufenen Kosten wieder einspielen. Verkaufspreise von CHF 50’000.—gehören ins Reich der Märchen – zumindest hierzulande. In den USA soll schon ein Cobra II mit weniger als 20’000 km auf dem Tacho für über 50’000 Dollar versteigert worden sein. Aktuell (2025) steht ein ziemlich makelloser 78er King Cobra mit Schweizer Hintergrund zum Verkauf. Wenig Kilometer, unrestauriert, alles im Originalzustand. Der Traum für den Sammler. Mit einem Verkaufspreis von knapp Fr. 35’000.—findet er aber schon über ein Jahr keinen Käufer…
Autor: Iso Schwager