Nach einer grossen Enttäuschung mit einem 69er Grandé 302, einer „amilosen“ Zeit, einem Intermezzo mit einem Chrysler Cordoba sowie einem Chevy Camaro beschloss ich 1995, dass wieder ein Mustang her musste. Diesmal wollte ich aber Nägel mit Köpfen machen. Weil mir die 69/70er Modelle am besten gefallen, sollte es ein Mach1 werden. Nicht irgendeiner; sondern ein BigBlock im gepflegten Originalzustand – etwas, das seinen Wert dauerhaft behält.
Auf mein entsprechendes Inserat in der Schweizer Automobil Revue meldete sich nur ein Besitzer eines entsprechenden Autos. Für seinen 70er 428er, umgestaltet mit einer 69er Front und versehen mit einer Jahrmarktlackierung, wollte der Mann allerdings volle sFr. 60’000.—sehen – Wahnsinn. Einige Wochen tat sich dann nichts, bis ich schliesslich auf ein Inserat stiess, worin genau das gewünschte Fahrzeug angepriesen wurde. Beim Besichtigungstermin des restaurierten Autos war es eigentlich schon um mich geschehen. Genau dieses Auto musste her. Obwohl er etwas mehr kosten sollte als der 69er eines Kumpels, hatte er im Gegensatz zu diesem noch den originalen 428er Cobra Jet Motor unter der Haube. Eine Woche später hatte ich mein gesamtes Vermögen zusammengerafft und konnte den Mustang abholen.
In den folgenden Monaten musste ich mich erst an den Bums des Cobra Jet Motors gewöhnen. Hier waren ganz andere Kräfte am Werk als an allem, was ich bisher besessen oder gefahren hatte. Schnell stellte sich heraus, dass das Fahrwerk wohl schon bessere Tage gesehen hatte. Die entsprechenden Teile wurden aus den USA beschafft und das ganze Fahrwerk umgebaut auf Polygraphit-Buchsen. Auch der Lenkung konnte einiges von ihrem Spiel ausgetrieben werden.
Natürlich interessierte mich auch die Vorgeschichte des Autos. In einem Mustang Monthly Magazin hatte ich gelesen, dass unter Umständen in den USA noch die Originalrechnung von Ford zu meinem Auto aufzutreiben war. Tatsächlich hielt ich das entsprechende Papier bereits wenige Wochen später in den Händen. Jetzt konnte ich dokumentieren, was ich zuvor über mein Auto herausgefunden hatte. Leider war der Door-Sticker nicht mehr vorhanden gewesen.
Auch in der Schweiz versuchte ich mehr über mein Auto herauszufinden. Mein Vorbesitzer konnte noch sagen, wo er das Auto 1984 gekauft hatte. An einem trüben Novembertag setzte ich mich in den Mach1 und fuhr nach Zürich, um etwas Geschichtsforschung zu betreiben. Die Opel-Garage existierte noch. Der Inhaber konnte sich noch dunkel an das Auto erinnern. Er habe ihn damals für einen Neuwagen an Zahlung genommen. Auch den ehemaligen Besitzer konnte er noch nennen. Leider wusste er auch, dass dieser in der Zwischenzeit verstorben und die Witwe weggezogen war. Via Einwohnermeldeamt, Telefonauskunft und etwas Suchen konnte ich die Frau schliesslich noch selben Tags in einer Alterswohnung ausfindig machen.
Die Dame konnte sich noch gut an „ihren Cobra Jet“ erinnern. Ihr Mann und sie seien damit immer in den Sommerurlaub nach Rimini gefahren. Ja das Auto habe sogar mal als Fotoobjekt für ein Hotel in Rimini gedient (mit einer leichtbekleideten Signorina auf der Motorhaube). Ihr Mann habe damals einen älteren Mustang (erwähnenswertes Detail: grün!) bei einer Ford-Garage in Zürich an Zahlung gegeben und sie mit dem Mach1 überrascht. Ihr habe aber die Farbe „Grabber Orange“ gar nicht gefallen – zu auffällig. Deshalb sei der Mustang bereits wenige Jahre später rot lackiert worden. Die Farbe sei aber bald abgeblättert und eine erneute Lackierung in Silber erfolgt. Das deckte sich wieder mit meinen Beobachtungen am Auto und den alten Fotos, die ich von meinem Vorbesitzer erhalten hatte. Sie zeigten den Mustang bei der Restauration. Diese wurde in Angriff genommen, nachdem mein Vorbesitzer sich auf der Autobahn gedreht hatte und die hintere Seitenwand arg in Mitleidenschaft gezogen worden war. Im Zuge dieser Restauration erhielt der Mach1 schliesslich seine aktuelle Farbe – Bordeaux Rot metallic.
In den folgenden Jahren war mir das Auto ein treuer Begleiter und ich trat dem Mustang Club of Switzerland bei. Einmal war ich mit dem Stang am Mustang-Treff in Beerfelden D und konnte sogar den 1. Preis für den originalgetreusten Bestzustand heimnehmen. Kleinere Sachen gab es immer mal zu reparieren. Anstelle der Wolfrace-Felgen montierte ich einen Satz guterhaltener Magnum 500 Räder. Bei meiner Hochzeit in Mittelitalien war auch der Mustang dabei, obwohl er ernsthafte Probleme mit dem heissen Wetter bekundete. Aber schliesslich hatte er die Strecke in den 70ern viele Male abgespult. In Italien, fernab jeder Ersatzteilquelle, platzte ein Schlauch der Servolenkung. Das einzige Mal, dass mich mein Gaul stehenliess. Ein lokaler Lastenwagenmechaniker konnte das Problem allerdings dauerhaft lösen. Das betreffende Strandhotel mit dem Prospekt in Rimini konnte ich einige Jahre später ausfindig machen. Man erinnerte sich noch gut an den Mustang und seine Besitzer. Leider war vom besagten Prospekt kein Exemplar mehr aufzutreiben – schade.
Inzwischen war der Ölverbrauch des Motors merklich angestiegen. Bis zu 5 Litern je 1000 km verschwanden oder lösten sich in Rauch auf, obwohl nie ein Tropfen unter dem Auto zu sehen war. Eine Motorrevision kündigte sich an. Bei der Demontage wurde festgestellt, dass nicht weniger als vier Ölabstreifringe gebrochen waren. Beim anschliessenden Rissprüfen der Einzelteile wurde noch ein Haarriss in der Kurbelwelle festgestellt. Mit neuer Kurbelwelle, speziell angefertigten Alu-Schmiedekolben, Alu-Zylinderköpfen sowie einem Police-Interceptor Intake wurde der Motor neu aufgebaut und feingewuchtet. Eine grössere Ölwanne sorgte für einen verbesserten Ölhaushalt. Ich mag gar nicht mehr zusammenzählen, was mich die Aktion gekostet hat.
Weil der Motor nun schon mal aus dem Auto war, konnte ich auch gleich den Motorraum restaurieren. Der Schacht wurde komplett entlackt und in neues Schwarz seidenmatt gehüllt. Sämtliche Schrauben durch originalgetreue erneuert und grössten Wert auf Originalität mit samt allen Aufklebern und Kreidestrichen gelegt. Der Motor wurde in unschuldiges Ford-Blau getaucht, so dass nur ein Experte erkennen kann, welche Modifikationen da wirklich verbaut sind. Auch die Hochleistungszündung wurde so gut wie möglich getarnt. Der Abschluss der Arbeiten verzögerte sich zweimal deutlich. Sturm Lothar deckte der Schrauberhalle das halbe Dach ab. Kurz darauf brannte das Nachbargebäude ab. Wie durch ein Wunder bekam mein Cobra Jet keine Schramme ab.
Kurz darauf wurde noch eine Automatenrevision fällig – hörte die Zahlerei denn nie auf? Seither wäre eigentlich weitgehend Ruhe mit dem Auto, hätte ich mich nicht an die Hinterachse gewagt. Ford Schweiz hatte hier einst eine längere Übersetzung eingebaut. Das wollte ich jetzt wieder zurückrüsten. Leider habe ich trotz der Verwendung von Neuteilen bis heute kein befriedigendes Ergebnis in Sachen Geräuschentwicklung aus dem Differential bekommen. Mir fehlt immer noch der Experte mit dem goldenen Händchen für Hinterachsen.
Und was war sonst noch? Zweimal wurde die Auspuffanlage erneuert resp. geändert. Nach zweimaligem Versuch konnte die Heckscheibe dauerhaft wasserdicht eingebaut werden. Eine Wasserpumpe, ein Alternator sowie ein Lichtschalter blieben auf der Strecke. An der Hinterachse musste ein zusätzliches Bremsdruckreduzierventil eingebaut werden, weil der Mustang hinten mit den heutigen Belägen überbremst und somit gefährliche Situationen provoziert.
Im Laufe der Jahre setzte ich meinen Stang auch für immer ausgefallenere Aktionen ein: Fahrsicherheitstraining mit Schleuderkurs, Pfingstreisen und letzten Winter gar mit Stollenpneu und Dachträger für ein Winter US-Car-Meeting.
So ein Auto ist auch nie „fertig“. Eine Neulackierung (die fünfte) wäre nach 20 Jahren eigentlich fällig. Welche Farbe? Natürlich „Grabber Orange“ – der Originalton. Bisher ist der bordeauxfarbene Lack allerdings noch präsentabel und das Geld fällt schliesslich nicht vom Himmel.
Kaum zu glauben: 21 Jahre sind vergangen, seit ich diesen Bericht geschrieben habe. In wenigen Wochen jährt sich der Kauf des Mach1 zum 30. Mal. Und er begleitet mich immer noch! Viel hat er in der Zwischenzeit erlebt. Höhen und Tiefen. Meine Tochter ist mit ihm gross geworden und eine Scheidung hat er überstanden. Er musste bestehen gegen andere US-Cars im Haushalt und war etwa vier Jahre lang komplett von der Strasse, weil sich die Prioritäten infolge beruflichem Neuanfang komplett verschoben hatten.
Gegen den Zahn der Zeit hat er nicht überall gewonnen. Vor etwa 10 Jahren liessen sich die Risse in den Polstern nicht mehr schönreden. Also in Eigenregie selbst neu bezogen und dabei einiges Lehrgeld bezahlt. Das Ergebnis vermag allerdings zu überzeugen.
Bezüglich der lärmenden Hinterachse hatte ich nach dem x-ten Versuch schon beinahe aufgegeben. Vor drei Jahren stiess ich in Wien auf den lange gesuchten Spezialisten. Auto kurzerhand auf den Autozug nach Österreich verladen, an einem Sonntag die komplette Achse zerlegt und wieder zusammengebaut und am nächsten Morgen Öl eingefüllt. Der Heimweg auf eigener Achse enttarnte noch ein angeschlagenes Radlager, das bisher vom Differential übertönt worden war. Seither ist himmlische Ruhe.
Jahrelang beschäftigten mich auch Vibrationen im Antriebsstrang. Kreuzgelenke, Lager ersetzt, Kardanwelle gewuchtet, Felgen richten/wuchten, Reifen korrekt wuchten. Für alles, was nicht der heutigen Norm entspricht, werden die kundigen Mechaniker rar. Das gilt insbesondere auch für die Lenkgeometrie, wo schluderige Arbeit leider zum Standard geworden ist.
Eine weitere Dauerbaustelle ist die Servolenkung. Chronisch undicht mit vielen beweglichen Teilen, Ölschläuche geplatzt (insgesamt 4-mal), mangelhafte Ersatzteile, Lenkgetriebe ersetzt – alles was man sich vorstellen kann.
In Sachen Motor herrscht dafür erstaunliche Ruhe. Die Revision vor 25 Jahren hat bis heute Bestand. Der 428er erfreut sich bester Gesundheit – auch nach etwa 80’000 km Laufleistung. Regelmässiger Service, ein Kleinteil an der Zündung, eine Benzinpumpe und eine Vergaserrevision waren die einzigen nötigen Arbeiten bisher. Auch die Automatik schaltet frisch und knackig. Ich achte peinlich darauf, dass ich nur Öl nach alter Ford-Spezifikation in der Schaltbox verwende. Die Ölwechsel erfolgen etwa alle 8 Jahre – unabhängig von der Fahrleistung.
Dann gibt es auch Teile, die überraschend lange Bestand haben: Zum Beispiel der Bremskraftverstärker. Seit mindestens 20 Jahren rechne ich damit, dass das Originalteil infolge löchriger Membran den Geist aufgibt. Er will einfach nicht kaputt gehen. Das gilt auch für das Heizelement im Lüftungskasten. Davon habe ich für andere Mustangs schon eine ganze Reihe beschaffen müssen….
Ewiges Leben: Das passiert bei vielen Billigmist-Reproduktions-Ersatzteilen aus Fernost bestimmt nicht…. Wenn sie nicht schon defekt angeliefert werden, verschleissen sie teilweise im Zeitraffer. Nach dem zweiten Repro-Neutralschalter innert drei Jahren sah ich mich gezwungen, in den USA nach einem Neuteil aus alten Beständen zu fahnden. Das Originalteil hatte fast 50 Jahre gehalten. Jetzt ist wieder ein Ford-Originalteil verbaut und ich rechne damit, dass mich dessen Ersatz nicht mehr interessieren muss in diesem Leben… Das Suchen und Finden solcher Positionen ist dank Internet teilweise einfacher als vor Jahren. Nur muss man genau wissen, was man konkret sucht.
Karosserie und Lack haben die Jahre erstaunlich gut überstanden. Die Arbeiten von Mitte/Ende der 80er Jahre wurden sauber ausgeführt und gut versiegelt. Einige kleinere Kampfspuren hat es in der Zwischenzeit abgesetzt – shit happens. Rost zeigt sich nur minimalst und es war auch noch kein Eingriff in dieser Richtung nötig. Einzig ein Werksschweisspunkt hatte sich mit der Zeit losvibriert. Der Kofferdeckel konnte nicht mehr zuverlässig geschlossen werden. Das wurde nachgeschweisst, was eine kleine Nachlackierung nötig machte. Ansonsten: zwei drei Chromteile durch neue Originalteile ersetzt und Lampengläser erneuert. Das wars dann in den letzten 20 Jahren… In jüngerer Zeit zickten auch die Türschlossmechanismen. Nach dem Ausbau, einer gründlichen Reinigung vom versteinerten Uralt-Fett sowie einer Neuschmierung funktionieren die Teile wieder wie am ersten Tag. Die erhoffte/erträumte Neulackierung im originalen Orange ist bis jetzt ein Traum geblieben. Der Sack voll Geld ist bis zum heutigen Tag nicht vom Himmel gefallen!
Die Elektrik blieb bis jetzt auch ziemlich unauffällig. Mal ein Schalter, ein Relais ersetzt. Die Uhr – bei fast allen Mustangs dieses Jahrgangs schon vor Jahren oder Jahrzehnten stehen geblieben, lief bis vor kurzem. Das auch, weil sie vor meiner Zeit schon einmal revidiert wurde. Mal sehen, ob ich noch einen Spezialisten finde, der sich damit auskennt. Sonst bleibt nur der Umbau auf ein Quarzwerk. Damit hätte ich zwar eine funktionierende Uhr – aber das Mustang-typische «Tok» alle paar Minuten vom Aufziehmechanismus wäre dauerhaft weg. Noch weiss ich nicht, wie es weitergeht.
Die letzte Hürde im vergangenen Winter war das Radio. Durch das Abschalten der UKW-Sender (danke liebe Radiobetreiber…) verblieben nicht mehr viele Möglichkeiten ausser selber singen. Das eigentlich voll betriebsfähige Repro-Radio aus den 80ern hatte zwangsläufig ausgedient. Ich habe es ersetzt durch ein DAB+ Radio im alten Design. Jetzt erfreue ich mich an so vielen Radiosendern wie nie zuvor, könnte streamen, habe eine Mobile-Freisprechanlage und weiss vermutlich gar nicht alle gebotenen Möglichkeiten zu schätzen. Und das alles ohne lästige neumodische Scheibenantenne. Die Aktion hat trotz Eigenleistung beim Einbau einen gehörigen Batzen Geld gekostet und die Lebensdauer des Gerätes bleibt für mich ein Fragezeichen…. Fernost lässt grüssen.
Im Gegenzug für die Schrauberei und auch Putzerei gabs dafür unzählige Begegnungen, Bekanntschaften auf und neben der Strasse, unvergessliche Ausfahrten, diverse Reisen mit und um den Mustang in halb Europa und auch den USA. Er diente als Visitenkarte und ermöglichte mir Einblicke in Firmen und Sammlungen, die mir sonst verwehrt geblieben wären. Manchmal erfüllt mich der Mach1 mit Stolz – manchmal – in ganz dunklen Stunden, mit schwarzen Händen und ölverschmiertem Gesicht unter dem Auto – wünsche ich ihn auch zum Teufel!
Und die Zukunft: Eigentlich kann ich den Mustang gar nicht mehr hergeben. Er hat mich jetzt mehr als das halbe Leben begleitet und ich hänge ziemlich daran. Töchterlein macht bis jetzt nicht den Anschein, dass sie irgendwann darauf scharf wäre. Ein Bullitt aus neuerer Produktion wäre mehr ihr Ding. Also werde ich den Mach1 erstmal weiter fahren/pflegen und zusehen, wie sich das Leben weiterentwickelt.
Text: Iso Schwager (2004 und 2025)