Der klassische Mustang verfügt über ein eher simples Fahrwerk mit einer hinteren Starrachse und Blattfedern. Vorne sind Spiralfedern verbaut. Sämtliche Teile sind noch ohne Probleme erhältlich und der Zubehörmarkt hält eine ganze Reihe mit Tuningteilen bereit. Trotzdem gilt es den einen oder anderen Punkt zu beachten.
Die Gelenke sind von langlebiger Natur. Eine klassische Schwachstelle ist zwar aus technischer Sicht nicht weiter gravierend, kann aber extrem nerven: das Quietschen oder “Gieren” bei jedem Einfedern. Das Geräusch ist im Innenraum nicht immer hörbar oder nur bei offenem Fenster. Ausserhalb dafür umso besser! Eventuell tritt das Gequietsche auch nur bei Trockenheit auf, was es aber nicht weniger mühsam macht – wer fährt schon nur bei Regen? Der Test ist einfach: Wippen am vorderen Kotflügel.
Die Ursache liegt in einer fehlenden Gummiauflage zwischen dem oberen Ende der Spiralfeder und dem Federturm der Karosserie. Sie hat sich im Laufe der Jahre entweder in Wohlgefallen aufgelöst oder wurde bei einer Fahrwerksrevision vergessen. Metall reibt auf Metall. Der weitaus häufigere Fall ist allerdings das Trockengehen des Querbolzens vom oberen Querlenker. Hier wäre ab Werk eine Schmierstelle vorgesehen. Die entsprechenden Nippel wurden vom Montagewerk allerdings nur mitgeliefert in der Meinung, dass der Auslieferungshändler diese montiert. Das geschah aber in vielen Fällen nicht und die Schmiernippel wurden direkt entsorgt. Die fehlende Schmierung begünstigt den Verschleiss. Die Nippel heute nachträglich zu montieren, ist reine Kosmetik. Ein Abschmieren schafft nur kurzzeitige Abhilfe. Die dauerhafte Lösung bedeutet den Ersatz der schadhaften Teile unter entsprechender Arbeits-/Kostenfolge.
Die Lagergummis des Frontstabilisators sind nicht für die Ewigkeit geschaffen. Der Ersatz der maroden Teile wird belohnt durch ein deutlich strafferes Fahrgefühl. Eher selten erwischt es die Gummis der unteren Querlenker. Die Kugelbolzen sind robust und überdauern viele Kilometer. Der Verschleiss wird höchstens durch gerissene Fettbälge beschleunigt. Das untere Kugelgelenk ist nur als komplette Einheit mit dem Querlenker zu haben und wird als ganzes Teil ersetzt. Anschliessend ist eine Neujustierung der Lenkgeometrie fällig. Damit schafft man sich besonders mit den 65/66er Modellen keine Freunde unter den entsprechenden Spezialisten. Die Einstellerei erfolgt mühsam über Unterlegscheiben. Ab dem 67er Jahrgang wurde dieses Problem mittels eines Exzenterbolzens aus der Welt geschafft. Sollte diese Prozedur fällig sein, empfiehlt sich gleich auch der Ersatz der Schubstrebengummis, dann ist wieder für eine Weile Ruhe.
Die Blattfedern hängen aus Altersgründen bisweilen durch. Dies wird oft kaschiert durch den Einbau von aufpumpbaren Stossdämpfern; sogenannten “High-Jackers”. Eigentlich ein Unsinn, der fast gleichviel kostet wie der Ersatz der “lahmen” Federpakete. Wenn der Mustang hinten schräg steht, ist allenfalls ein Federblatt gebrochen, was ebenfalls den Ersatz des Federpaars bedeutet. Evtl.. wurde schon früher aus Kostengründen nur ein einzelnes Federpaket ersetzt, das den Mustang jetzt mit Schlagseite dastehen lässt. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die vorderen Federn nicht zusammenpassen oder zwecks Tieferlegung ungleichmässig abgeschnitten/gepresst wurden. Weil meist die linke Seite tiefer hängt, wird die Schuld gerne auf einen angeblich übergewichtigen Fahrer geschoben, was aber keinen Zusammenhang hat. Dieser Zustand war auch nicht ab Werk so, wie auch schon behauptet. Im schlimmsten Fall versteckt sich dahinter ein schlecht reparierter Unfallschaden. Genau hinschauen!
Beim Ausbau der alten Federn kann einem der Bolzen im vorderen Federauge zur Weissglut treiben, weil er in der entsprechenden Führungshülse innerhalb des Gummis festgerostet ist. Hier hilft nur noch der Winkelschleifer…
Für alle Gummiteile ist Ersatz aus Polyurethan erhältlich. Diese Teile fallen gerne durch Quietschgeräusche auf. Beim Einbau unbedingt mit wasserfestem Schmierfett arbeiten und nicht an dieser eklig klebrigen “Schmötze” sparen! Sind die Teile verbaut, wird das Fahrwerk wesentlich straffer und präziser. Zusammen mit härteren/tieferen Federn und Niederquerschnitt-/Breitreifen entsteht bisweilen der Eindruck eines tiefergelegten Japaners/Europäers. In diesem Zusammenhang ist von den ebenfalls erhältlichen Buchsen aus Alu abzuraten. Die Teile sind nur für Rennzwecke zu gebrauchen und zu hart für die Strasse!
Sowohl die vorderen als auch die hinteren Radlager sind ohne spezielle Tücke und sehr dauerhaft. Sollte trotzdem ein Ersatz nötig sein, gibt es die entsprechenden Teile auch heute noch an fast jeder (CH-)Ecke.
Die verbauten Achsen halten der jeweiligen Werksmotorleistung locker Stand. Speziell die sogenannte 9-Zoll Achse (benannt nach dem Durchmesser des Tellerrades / alle Modelle mit 351er Motor oder grösser) geniesst in Insider-Kreisen einen legendären Ruf. Verschleisserscheinungen zeigen sich meist erst bei hohen Laufleistungen. Dann wird ein Ersatz aller Lager fällig. Aus Mangel an entsprechenden Spezialisten nicht ganz unproblematisch. Bei vielen CH-Autos war ein “Limited Slip”-Sperrdifferential verbaut. Die entsprechenden Kupplungslamellen können verschlissen sein. Bis auf die Tatsache, dass die Achse dann nicht mehr “gesperrt” ist, hat das allerdings keine praktischen Auswirkungen. Ersatzteile sind erhältlich, fordern aber nach einer kundigen Hand beim Einbau. Finger weg von sogenannten “Detroit Locker”- Sperrdifferentialen. Das sind Racing-Teile für den Einsatz in Beschleunigungsrennen. Die Sperrwirkung setzt nur unter Last ein – dann allerdings zu 100 Prozent. Sehr unpassend beim Beschleunigen z. B. ausgangs einer Kurve auf der Landstrasse… Teile dieser Art sind hierzulande allerdings sehr selten, weil nie offiziell angeboten. Der Ausbau des Differentials ist sehr einfach. Zumindest bei den 8-Zylinder-Modellen lässt sich die komplette Einheit nach dem seitlichen Ziehen der Steckachsen als Ganzes aus dem Achsgehäuse entfernen (Vorsicht – Gewicht!). Bei einem Ölwechsel unbedingt das richtige Schmiermittel verwenden. Und noch eine Warnung in Sachen Hausfrieden: Der nötige Zusatz (friction modifier/kleines Plastikfläschchen) für Sperrdifferentiale entwickelt ein übles und dazu penetrantes Geschmäcklein. Effektiv stinkt es schlimmer als die Pest! Bei der Arbeit nicht die Sonntagsgarderobe tragen…
Die manuelle Lenkung ist sehr unauffällig und ausreichend präzise. Es geht kaum je etwas kaputt. Die offiziellen Schweizer Autos wurden alle serienmässig mit dem sogenannten “Special Handling” Fahrwerks- Paket ausgeliefert und liegen damit deutlich straffer auf der Strasse, als die meisten ihrer amerikanischen Pendants. Diese Option beinhaltete auch ein direkter übersetztes Lenkgetriebe. Ohne dieses artet die Kurbelei am Lenkrad aus. Davon betroffen sind nur direkt oder später importierte Autos.
Weit anfälliger präsentiert sich die optional erhältliche Servolenkung. Das System hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck und ist eine der weniger guten Ideen von Ford. Obwohl eigentlich wünschenswert – speziell ein BigBlock Motor in Verbindung mit manueller Lenkung erfordert kräftige Oberarme – nervt die Einrichtung durch dauernde und immer wiederkehrende Ölundichtigkeiten. Schuld daran sind die vielen beweglichen Teile und Schlauchverbindungen. Sie sind anfällig auf Hydrauliköllecks und kaum auf Dauer dichtzubekommen. Leider geht durch die Konstruktion auch einiges an Lenkpräzision verloren. Das Lenkspiel sollte bei laufendem Motor aber nicht mehr als zwei Finger breit am Lenkrad betragen in der Mittelstellung bzw. Geradeausfahrt. Konstruktionsbedingt steigt das Lenkspiel bei einer Kugelumlauflenkung an je mehr Lenkeinschlag vorhanden ist. Ist mehr Spiel vorhanden, kann das Spiel am Steuerblock eingestellt werden, dazu sind zwei Schrauben vorhanden mit der Einen kann das Spiel in Mittelstellung und mit der Anderen die Gängigkeit bzw. der Widerstand der Lenkung eingestellt werden. Ab 1971 wurde das Lenksystem von GM abgekupfert und alle Probleme waren mit einem Schlag erledigt. Hier sind also die jüngeren Fahrzeuge klar im Vorteil.
Noch ein Hinweis zu den Lenkrädern:
Ab 1969 wurden teilweise dreispeichige Deluxe-Lenkräder verbaut. Bei diesen ist zu überprüfen, ob der Hupenkontakt funktioniert. Er befindet sich ringsum im Kranz; auf dessen Innenseite. Falls nicht, muss der Gummi/Kupferring als teures Ersatzteil beschafft werden. Deluxe-Lenkräder in Verbindung mit fehlender Servolenkung sind eine Plage. Durch die hohen Lenkkräfte muss herzhaft zugepackt werden. Dabei wird der Kontakt betätigt und es resultiert ein dauerndes Gehupe, speziell beim Einparken…
Umbau 6 Zylinder auf 8 Zylinder
Gewisse Zeitgenossen speziell in den USA (aber nicht nur dort!) versuchen, durch das Installieren eines V8- Motors in ein ehemaliges 6-Zylinder Fahrzeug einen schnellen Dollar zu verdienen (oder vermeintlich günstiger zum V8-Traum-Mustang zu kommen). Falls der Umbau korrekt mit allen entsprechenden Teilen vorgenommen wurde, ist dagegen aus technischer Sicht nichts einzuwenden (höchstens die MFK stellt sich quer – falls sie die Änderung bemerkt). Ganz ausgeschlafene Bastler und listige Sparfüchse schenken sich aber bisweilen den Umbau auf entsprechend verstärkte Fahrwerks- und Bremsenteile. Das funktioniert zwar (zumindest eine Weile); muss aber als grob fahrlässig bezeichnet werden. Im sonst so korrekten Deutschland ist so ein “Fahrstuhl des Grauens” sogar zulassungsfähig… Äusserliches Erkennungszeichen solcherlei stümperhaft “umgestrickter” Mustangs sind vier Radbolzen an den Felgen. Die V8er hatten nämlich deren fünf! Ab 1969 allerdings auch die 6-Zylinder-Modelle mit fünf Radbolzen. Diese Unsitte betrifft allerdings hauptsächlich die Jahrgänge 1965 bis 1968, weil die gesuchter sind. Darum also im Zweifelsfall die Fahrgestell-Nummer (nochmals) überprüfen!
Das Thema Bremsen ist ein Dauerbrenner im Mustang. Standard ab Werk waren Trommelbremsen an allen vier Ecken – ohne Bremskraftverstärker – sogar bei so potenten Autos wie dem 69er Mach1 mit dem 428er Motor und 335 PS! Die Bremsleistung war deshalb – höflich ausgedrückt – etwas “suboptimal”. Ausnahme bildeten die Shelby-, Boss- und GT-Modelle. Ihnen wurden zumindest vorne serienmässig Scheibenbremsen zugestanden. Hintere Scheibenbremsen gab es nicht für Geld und gute Worte ab Werk!
Ford Schweiz schätzte die topographische Situation in unserem Land richtig ein, und bestellte zumindest alle V8-Modelle mit den wesentlich standfesteren vorderen Scheibenbremsen. Trotzdem können die Bremsen nach heutigen Massstäben bestenfalls als “genügend” betrachtet werden.
Wer einen Mustang kauft, der mit Trommelbremsen ringsum ausgestattet ist, sollte ein regelmässiges Auge auf die Verzögerungsanlage haben. Die Trommeln ziehen gerne ungleichmässig, was einen Stopp zur Lotterie verkommen lässt. Einen vakuumunterstützten Bremskraftverstärker gab es auf Wunsch. Dieser war zunächst nicht lieferbar in Kombination mit vorderen Einkreis-Scheibenbremsen. Diese Stopper mit Vierkolbenzangen bedeuten aber trotzdem eine spürbare Verbesserung der Bremswirkung. Allerdings muss die Bremsflüssigkeit regelmässig gewechselt werden. Bei Unterlassung sammelt sich etwas Wasser im Bremssystem an. Dieses bewirkt, dass die Zangen bei längerer Standzeit festgehen (eine Überwinterung kann evtl.. schon genügen). 1967 wurde umgestellt auf ein sichereres Zweikreissystem und die Scheibenbremsen bekamen auch ihren BKV. Ab 1968 wurde eine neue Bremszange verbaut, die ähnlich effektiv, aber billiger war und zuverlässiger arbeitete. Ab 1971 wurden zumindest in der Schweiz alle Mustangs, unabhängig von der Motorisierung, mit vorderen Scheibenbremsen ausgeliefert.
Für sämtliche Modelle gibt es heute Umbausätze auf vordere Scheibenbremsen. Diese erhalten sogar den Segen der MFK, weil entsprechende Vermerke in den Typenscheinen vorhanden sind. Ein Satz mit Neuteilen kostet ab ca. CHF 2500.– (ohne Arbeit). Einen Umbausatz mit gebrauchten Teilen zu bekommen dürfte mangels noch verfügbarer Schlachtautos eher schwierig sein. Reparatursätze, Scheiben, Trommeln und Schläuche sind für alle Varianten noch lieferbar, teilweise auch in verbesserter Form. Für die 65/66er gibt es mittlerweile auch nachrüstbare BKV’s. Entsprechende Originalteile sind nach 40 Jahren Betrieb oft am Ende. Ersatz ist jedoch in vielen Fällen erhältlich. Verschiedene Firmen fertigen Umbausätze mit teilweise riesigen, gelochten, gerillten innenbelüfteten Scheiben mit gewaltiger Bremsleistung an allen vier Ecken. Da spielt die MFK allerdings nicht mit. Ein weiteres Problem sind die Bremsbeläge. Geänderte Materialien (Thema Asbest) sorgen dafür, dass die Bremsleistungsverteilung auf die beiden Achsen nicht mehr unbedingt stimmt. Meist überbremst der Mustang an der Hinterachse. Dann muss ein justierbares Bremsdruckreduzierventil installiert werden, was allerdings auch nicht alle MFK’s gerne sehen. Kapitale Dreher beim Bremsen sind sonst vorprogrammiert.
Handbremse (Fuss-Feststellbremse)
Diese ist eher unglücklich konstruiert und ein chronischer Beanstandungspunkt beim MFK-Termin. Schon im Neuzustand erinnert das Erreichen einer ausgeglichenen Bremsleistung links/rechts an eine Lotterie. Geschweige denn mit 40 Jahre alten Gebrauchtteilen. Hier gilt es, das vorhandene Material bestmöglich zu unterhalten und auf einen milde gestimmten MFK-Prüfer zu hoffen, der die Probleme nachvollziehen kann.